Liebe Interessierte,
Am heutigen Dienstag hat die Verhandlungsgruppe des Europaparlaments die Arbeit für ein verpflichtendes Lobbyregister aufgenommen. Die Chefverhandlerinnen Katarina Barley (SPD) und Danuta Hübner (polnische Christdemokratin) trafen sich mit Vertretern aller Fraktionen. Ich bin für die Grünen im Verhandlungsteam (Contact Group). Ziel soll es sein, noch vor dem Jahresende verbindliche Regeln für Lobbytreffen auch im Rat der Mitgliedsstaaten durchzusetzen.
Besonders vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie ist eine verschärfte Regulierung der Lobby-Arbeit in Brüssel enorm wichtig. In den vergangenen Wochen haben die Aktivitäten der Interessenvertreter*innen in Brüssel stark zugenommen. Die andauernde Corona-Krise wird benutzt, um Druck auf die Politik aufzubauen und zum Beispiel Vorschriften zur Bekämpfung des Klimawandels zu lockern oder gar zu kippen.
Lobbytransparenz in Brüssel: Nachbesserungsbedarf trotz hoher Standards
In Sachen Lobbytransparenz hat sich in Brüssel in den vergangenen Jahren vieles verbessert. Die Transparenzregeln sind deutlich besser, als in Deutschland oder anderen Mitgliedstaaten. Im Europaparlament müssen Abgeordnete, die EU-Gesetzen mitverhandeln, angeben, mit welchen Lobbyisten sie sich getroffen haben. Auch Kommissar*innen, ihre Kabinetts-Mitarbeiter*innen und General*direktor*innen sind zum Veröffentlichen ihrer Lobbytreffen verpflichtet. Sie dürfen außerdem nur registrierte Lobbyisten treffen. Das EU-Transparenzregister ist immer besser geworden. Die Interessenvertreter müssen dort angeben, wie viele Personen für sie arbeiten, wie viel Geld eingesetzt wird, welche Ziele vertreten werden. Mehr als 12.000 Organisationen sind registriert.
Die Schwäche der europäischen Transparenzregeln liegt vor allem bei den Mitgliedstaaten und ihren Vertreter*innen im Rat. Bei ihnen gibt es fast keine Transparenzregeln. Einige wenige Länder (NL, FI, IT) veröffentlichen ihre Treffen mit Lobbyisten. Damit sich das ändert, beginnen jetzt erneut Verhandlungen von Parlament und Kommission mit dem Rat der Mitgliedstaaten. Diese Verhandlungen über eine verbesserte Vereinbarung zwischen den Institutionen für das Transparenzregister hatten schon in der letzten Legislatur begonnen. Sie kamen aber nicht zum Abschluss und werden jetzt wieder aufgenommen.
Auch in Kommission und Parlament sind noch Verbesserungen nötig. Die Regeln der EU-Kommission, nur registrierte Lobbyisten zu treffen und diese Treffen öffentlich aufzulisten sind sehr gut, gelten aber nur für Kommissare, ihre Kabinette und Generaldirektoren – zahlenmäßig also weniger als 1% der Kommission. Viele Beamt*innen, die Gesetzestexte entwerfen und Verträge wie TTIP und CETA verhandeln fallen nicht unter diese Regeln. Wir wollen dass die Kommission auf keiner Ebene Lobbyisten trifft, die sich nicht an ein Mindestmaß an Transparenz halten. Im Parlament sind Abgeordnete verpflichtet ihre Treffen zu veröffentlichen, wenn sie Gesetze verhandeln (Ausschussvorsitzende und Schatten/Berichterstatter). Für Mitarbeiter und Beamte gelten diese Regeln nicht, obwohl sie oft eine zentrale Rolle im Prozess spielen. Viele Lobby-Veranstaltungen zielen bewusst auf Mitarbeiter.
Dafür werde ich mich in den Verhandlungen einsetzen, die wir hoffentlich bis Jahresende zum Erfolg bringen können. Damit endlich für jedes Gesetz klar ist, welche Lobbyisten wo und wie viel Einfluss ausgeübt haben.
Daniel Freund – Mitglied des Europäischen Parlaments
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