Rede zum Haushalt 2006

Zitate

Stellungnahme der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Haushalt 2008 in der Ratssitzung vom 14.12.2007

Herr Bürgermeister, liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen, sehr geehrte Damen und Herren im Zuhörerraum, die guten Nachrichten zuerst:

Der viel zitierte wirtschaftliche Aufschwung hat auch Heinsberg erreicht. Das lässt sich an folgenden Zahlen ablesen: 1. Die Gewerbesteuereinnahmen übersteigen im Jahresergebnis 2006 mit ca. 5,5 Mio. € den Ansatz in Höhe von 21,6 Mio. € überraschend hoch auf 27,07 Mio. €. 2. Die Arbeitslosenquote sank im Monat November 2007 von 8,8 % auf 8,5 %, somit auf nunmehr 3517 arbeitslose Personen.

Dennoch ist der Haushaltsentwurf 2008 durch einen konsequenten Sparkurs gekennzeichnet. Die Investitionen werden deutlich reduziert.

Grund dafür ist die heute schon mehrfach zitierte Unternehmenssteuerreform. Die Koalition im Bund zwischen CDU und SPD hat es zu verantworten, dass in den Haushalten der Kommunen weniger Gewerbesteuereinnahmen vorhanden sind.

Als Folge dieser Steuerreform belaufen sich die erwarteten Gewerbesteuereinnahmen für 2008 nur auf ca. 21,6 Mio. €, (4 Mio. € weniger als in 2007). Der angekündigte Ausgleich findet nicht statt.

Daher wird Sparen als das Gebot der Stunde propagiert. Wie uns der Kämmerer, Herr Gerards, erläuterte, wurden alle Einzelpläne beim Sparprogramm berücksichtigt.

Der unerwartet positive Jahresabschluss 2006 gestattete eine Zuführung zum Vermögenshaushalt in Höhe von ca. 4,8 Mio. € und erlaubte für den Haushalt 2007 einige Handlungsspielräume, die im Haushaltsentwurf 2008 deutlich fehlen.

Das Investitionsvolumen für Baumaßnahmen ist auf 5,5 Mio. € begrenzt, dabei werden besonders Maßnahmen für Kanalerneuerung und Abwasserbeseitigung verschoben. Das ist nachvollziehbar.

Die Investitionen für Schulen werden abgespeckt, betragen aber immer noch ca. 1,6 Mio. € und betreffen besonders die Um- und Ausbaumaßnahmen an der Hauptschule Oberbruch, sowie den Neubau der Turnhalle in Grebben. Die Fertigstellung dieser Baumaßnahmen folgt konsequent der Beschlusslage und ist ok. Wir erinnern daran, dass die Schulen in den Vorjahren weitgehend saniert wurden.

Wer seine Hausaufgaben im Bereich investiver Maßnahmen gemacht hat, kann zeitweiliges Kürzen im diesem Bereich verkraften, allerdings nicht über mehrere Jahre.

Sollte sich die Einnahmesituation in den Folgejahren nicht verbessern, müsste nach unserer Einschätzung über eine Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes nachgedacht werden. Die im Haushalt 2008 veranschlagten Gewerbesteuereinnahmen werden für 2009 auf 19,5 Mio. € und für 2010 auf 19,9 Mio. € angegeben. Ob diese Einnahmen für verschobene und zusätzliche Investitionen ausreichen ist fraglich.

Auch in der Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer Aachen zum Haushalt 2008 heißt es zu dieser Problematik, Zitat:“ Daran gemessen nehmen sich die derzeitigen und neuen Sachinvestitionen der Stadt eher bescheiden und wenig ambitiös aus. Im nächsten Jahr stehen gerade 7,6 Mio. € auf der Agenda. Ob dies allen Anforderungen an Modernisierung und Instandhaltung gerecht wird, muss zumindest den Globalzahlen gegenüber bezweifelt werden. Immerhin kann sich die Stadt zugute halten, für ihr Plansoll keine neuen Schulden aufnehmen zu müssen.“ Zitat Ende.

Wir stimmen den Ausführungen der IHK insoweit zu, dass wir ebenfalls feststellen, dem Haushalt 2008 fehlen Ambitionen. Im Prinzip wird lediglich der Status quo erhalten.

Bei den wenigen Hauhaltspositionen, die einen erhöhten Ansatz erhalten haben, ist die Haushaltsstelle 110.52010 „sonstige ordnungsbehördliche Maßnahmen“. Dort wurde der Betrag von 20.000 € auf 50.000 € erhöht. Obwohl dieser erhöhte Betrag bereits in den Haushalt eingestellt war, hat die CDU-Fraktion noch in der Sitzung des Rates vom 28.11.2007 beantragt, im Haushalt 2008 verstärkt Gelder dafür bereit zu stellen.

Dieser Antrag war hinsichtlich der Summe vollkommen überflüssig, da der Betrag bereits zu diesem Zeitpunkt im Haushaltsentwurf 2008 fest verankert war. In diesem Punkt war der Antrag reine Show.

Hingegen begrüßen wir den 2. Teil des Vorschlages, in dem die Verwaltung beauftragt wird, ein Handlungskonzept zu entwickeln, bei dem u. a. die Möglichkeit der Einrichtung eines kommunalen Sicherheits- und Ordnungsdienstes geprüft werden soll.

Hier möchten wir einige grundsätzlich kritische Anmerkungen machen:

Es kann unserer Ansicht nach nicht angehen, den von Herrn Louis genannten Problemen (wie: zunehmender Vandalismus, Gewaltanwendung oder Pöbeleien) in erster Linie mit restriktiven Maßnahmen zu begegnen.

Wir alle kennen die simple Wahrheit, Gewalt erzeugt immer nur Gegengewalt. Um derartige Kreisläufe zu durchbrechen, benötigen wir tatsächlich ambitiöse Strategien. So wurden z.B. die Schulen mit Zäunen versehen, um dem Vandalismus dort zu stoppen, gleiches haben wir mit dem Sportplatz in Oberbruch vor.

Wir nehmen damit den Kindern und Jugendlichen, die sich an diesen Orten getroffen haben, die Möglichkeit dazu und verdrängen sie an andere Orte. Damit wird das grundsätzliche Problem überhaupt nicht gelöst.

Bekanntermaßen gibt es in einigen Ortsteilen von Heinsberg soziale Brennpunkte.

Vertreter der Katholischen Pfarrgemeinde St. Aloysius Oberbruch und der Evangelischen Kirchengemeinde Heinsberg haben auf Grund dieser Tatsache im Sommer 2007 eine Stadtteilkonferenz in Oberbruch ins Leben gerufen. Es stellte sich heraus, dass es für Kinder viele sinnvolle Angebote gibt, aber für Jugendliche und junge Erwachsene immer weniger Möglichkeiten und Treffpunkte vorhanden sind, mit teilweise recht negativen Folgen.

Die Angebote der kirchlichen Träger der offenen Jugendarbeit orientieren sich an den veränderten Gegebenheiten und haben für die Ausweitung auf mobile, aufsuchende Kinder- und Jugendarbeit erhöhte Zuschüsse der Stadt erhalten.

Das sind positive Ansätze, diese reichen aber nicht aus. Es gibt in den so genannten sozialen Brennpunkten gehäuft Kinder und Jugendliche, die durch die bestehenden Angebote der Jugendhilfe nicht erreicht werden.

Vertreter der freien Jugendhilfe plädieren dafür, die Stelle eines Streetworkers auch in Heinsberg einzurichten. Diese Einschätzung bestätigen wir.

In Hückelhoven besteht eine derartige Stelle bereits seit geraumer Zeit mit gutem Erfolg. Es kann tatsächlich nicht sein, wie Pfarrer Schmitz aus Dremmen jüngst in der Heinsberger Zeitung sagte, dass wir in Heinsberg Kinder haben, für die sich niemand mehr zuständig fühlt.

Auch verwahrloste und aggressive Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Erziehung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und dürfen nicht durch Wegsehen ausgegliedert werden.

Das eine tun und das andere nicht lassen wäre: einerseits städtische Anlagen schützen und Ordnungsdienste beauftragen, andererseits die Stelle eines Streetworkers einzurichten oder eine besonders geschulte Person einzustellen.

Wir fordern daher, diese Überlegungen bei der Umsetzung des Handlungskonzeptes zu berücksichtigen.

Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Wir in Heinsberg stehen im Licht, meine Damen und Herren.

Das Heinsberger Beleuchtungskonzept an Burg- und Kirchberg überstrahlt alles und gewann sogar den „Internationalen City-People-Light Award 2007″, das ist schön.

Auch die gut ausgenutzte und jetzt auch rauchfreie Cafeteria des Krankenhauses ist nicht nur wirtschaftlich ein Erfolg, sondern hat auch für besondere Leistungen im Bereich Lebensmittel und Hygiene den Preis „NRW-Smiley 2007″ erhalten.

Bei aller Freude, lassen Sie uns die Schatten- bzw. Negativseiten nicht übersehen.

In Heinsberg wird durch Industrie und Handel Geld verdient. Aber wir müssen auch dafür sorgen, dass das Geld in der Stadt ausgegeben wird. Ein Anfang dafür ist das Parkleitsystem, welches die Orientierung und das Parken erleichtern soll.

Bedenklich ist jedoch die Ansiedlung namhafter Einkaufshäuser in der Nachbarstadt Hückelhoven. Hierauf müssen Verwaltung und Gewerbeverein reagieren, um die Wettbewerbsfähigkeit nicht zu gefährden.

Ein Anfang zur Attraktivitätssteigerung der Stadt ist durch die vielfältigen Veranstaltungen auf Burgberg und Markt gemacht worden. Besonders hervor zu heben ist, dass diese kostendeckend sind und gleichzeitig in Verbindung mit den verkaufsoffenen Sonntagen zu einer Belebung der Innenstadt führen.

Unverständlich ist jedoch, dass zu solchen Zeiten der großen Besuchströme die Innenstadt nicht zur autofreien Zonen erklärt wird. Bei derartigen Veranstaltungen könnte ein eingerichteter Buspendelverkehr bis in die Dörfer erprobt werden.

Die Anbindung der Dörfer zur Innenstadt ist dringend nötig, besonders vor dem Hintergrund des Rückgangs der dörflichen Versorgungsstrukturen. Hauptsächlich betroffen sind davon ältere Mitbürger, die sich ohne ÖPNV nicht mehr selbstständig versorgen können.

Statt verkehrstechnisch konzeptionslos neue Baugebiete zu erschließen, sollte man endlich dazu übergehen, dort auszuweiten, wo schon ÖPNV-Strukturen vorhanden sind, um diese hinsichtlich der Kosten und des Beförderungstaktes – besser ausnutzen zu können.

Große Sorge bereiten uns weiterhin die steigenden Energiekosten. Nicht nur diese Kosten sind ein Argument für ein Energiemanagement, sondern auch die Verringerung des CO²-Ausstoßes ist dringend nötig.

Der Vorschlag von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zur Verringerung des CO²-Ausstoßes lautet: die Umstellung auf Ökostrom! Ein Wechsel des jetzigen Stromanbieters ist dazu nicht nötig.

Wir werden im neuen Jahr diesbezüglich einen Antrag stellen. Der Rat hat in der Sitzung vom 31.10.2007 beschlossen, dass die Verwaltung ein Maßnahmenpaket zu den Punkten „Klimaschutz, Energieeffizienz und Einsatz von regenerativen Energien“ erarbeiten und dem Rat vorstellen soll. Doch wir bezweifeln, dass es ausreicht, dies nur mit eigenen Kräften zu planen. Eine Begleitung von Außen wäre hier sicher sinnvoll.

Außenstehende haben eine veränderte Sichtweise und andere Ideen. Diese Art der Begleitung hat sich bereits positiv für das Stadtmarketing und die Stadtplanung ausgewirkt.

Ein Anfang bei der Betreuung gefährdeter Familien ist durch die finanzielle Bezuschussung eines Frühwarnsystems gemacht.

Dabei können wir es jedoch nicht belassen. Um die zunehmende Zahl der überforderten Familien weiterhin zu betreuen, ist ein verstärktes Engagement notwendig.

Der fast eingefrorene Personalstand gibt uns bei der Dichte der Aufgaben stark zu denken.

Besonders im Bereich der Jugendhilfe nehmen Aufgaben und Probleme deutlich zu. Wenn wir hier nicht genau hinsehen und es bei diesem Personalschlüssel belassen, brauchen wir uns nicht wundern, wenn wir in Zukunft vermehrt Ordnungsdienste und Sicherheitseinrichtungen (Zäune) in Anspruch nehmen müssen.

Der von Prognos erstellte und vom Bundesfamilienministerium in Berlin vorgestellte „Familienatlas 2007″ weist den Kreis Heinsberg als eine „passive Region“ aus.

Für die „passiven Regionen“ berichtet die Zeitung,

Zitat: „mit mehr Engagement für Familienfreundlichkeit vor Ort könnte die Standortattraktivität der familienpolitisch passiven Region verbessert werden, heißt es im Familienatlas.

Das genaue Ranking sieht den Kreis Heinsberg unter den 439 Regionen deutschlandweit auf Rang 369, bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie auf Rang 419 (besonders negativ bewertet:

Chancengleichheit am Arbeitsplatz) … sowie auf Rang 428 bei den Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche“.

Die Zahl der Betreuungspersonen in der Jugendarbeit mit Platz 371 ist ebenfalls bemerkenswert negativ.

Zwar beziehen sich die Aussagen auf den gesamten Kreis Heinsberg, gleichwohl ist die Stadt ein Teil dieser Bewertung, die nach unserer Auffassung unsere Forderung nach verstärktem Engagement und erhöhtem Personalschlüssel besonders im Bereich der Jugendhilfe nachdrücklich untermauert.

Die Schwächen des strukturell ausgeglichenen Haushaltes sind allen Bereichen deutlich zu erkennen und in diesem Jahr auch zu akzeptieren.

Wie zukünftig Handlungsspielräume eröffnet werden können, ohne Veränderungen auf der Einnahmenseite, ist nicht abzusehen.

Da die Entscheidung jedoch nur für den Haushaltsentwurf 2008 zu treffen ist, stimmt die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zu.

Verbunden mit dem Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung wünschen wir allen Anwesenden ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes Neues Jahr.